Freitag, 31. August 2012

bekannte Gesichter






Einführung: Daniel war 10 Tage bei mir auf Besuch und dies ist sein Gasteintrag.
Wie immer ist er der Geschichtslehrer und ich der Philosoph.

Viel Spass beim lesen.



23 Jahre Krieg

1975 erobert die Rote Khmer auch Phnom Penh und übernimmt somit Kambodscha völlig. Bis wenige Stunden vor dem Einmarsch der Rebellen sind die letzten amerikanischen Truppen von der Hauptstadt per Luftweg evakuiert worden. Sie haben die Bevölkerung sich selbst überlassen. Sie haben bis 1975 Kambodscha flächendeckend zugebombt um den Vietcong, welcher sich im Land befand, zu stoppen den „Ho Chi Minh“ Pfad zu benützen sowie die Rebellen der Khmer Rouge zu schwächen. Dabei sind 600‘000 Menschen ums eben gekommen. Die, die alles verloren haben, dank den B52er Bomber, sind in Scharen der Roten Khmer in den Jungel gefolgt um gegen die, von den USA unterstützte Regierung von Lon Nol zu kämpfen. Pol Pot, der Anführer der Rebellengruppe lies kurz nach dem Sieg sämtliche Städte evakuieren und zwang die gesamte Bevölkerung in einem Agrar-Utopia in Arbeitslagern zu arbeiten. Alles westliche sowie Bildung wurde als „Böse“ betrachtet und musste eliminiert werden. Sämtliche gebildeten Menschen, Menschen die eine Fremdsprache sprechen konnten, Mönche, Lehrer, Ärzte usw. wurden hingerichtet. Schon das tragen einer Brille reichte aus um zu den „Killing Fields“ gebracht zu werden. Während dreieinhalb Jahren regierte die Rote Khmer mit Terror in Kambodscha und es starben fast 2 Millionen Menschen. Ein Viertel der damaligen Bevölkerung. 1977 wechselte ein bis dahin unbekannter Mann namens „Hun Sen“, welcher Kommandeur eines Rote Khmer Regiments im Osten des Landes war, die Seiten und flüchtet nach Vietnam, wo er die „Cambodias People Party (CPP)“ gründete.

1979 sind die Truppen von Pol Pot in Vietnam eingefallen und haben ganze Dörfer inklusive ihrer Frauen und Kinder hingerichtet. Darauf hat Vietnam Kambodscha innert kürzester Zeit besetzt und die Rote Khmer in den Nordwesten des Landes zurückgedrängt. Hun Sen kam mit den Vietnamesen zurück nach Kambodscha und wurde von diesen als Marionettenfigur an die Spitze des Staates gestellt.

Die USA haben gerade vier Jahre zuvor den Krieg gegen Vietnam verloren und nutzten nun die Gelegenheit um die Rote Khmer mit Waffen und Hilfsgütern zu versorgen um gegen das kommunistische Vietnam zu kämpfen.

Als 1989 die Mauer in Berlin viel und das Ende der Sowjetunion einläutete, konnte sich das neue Russland die Unterstützungszahlungen an ihre Genossen in Vietnam nicht mehr leisten. Ohne die Finanzhilfe vom Ostblock war die Besetzung von Kambodscha für Vietnam auch nicht mehr tragbar und die Besetzer zogen sich zurück. Hun Sen blieb an der Macht und erhielt die staatliche Autonomie über Kambodscha.

Mit dem Rückzug der Vietnamesen und der neuen Armee von Kambodscha wurde der Kampf gegen die Rote Khmer zu einem Bürgerkrieg der bis 1998 andauern sollte. Der Ort „Anlong Veng“ war die letzte Festung der Roten Khmer. Ganz im Norden des Landes direkt an der Grenze zu Thailand.

Hun Sen wurde bis heute an zwei offiziellen Wahlen (Eine davon unter der Führung der UN, 1993) abgewählt. Er hat sich dennoch durch Militärputsche, totaler Korruption sowie Unterdrückung jeglicher Opposition bis heute die unangefochtene Macht im Land erhalten.



Anlong Veng

Wir fahren die 80 km von der Tier-Auffangstation von Lukas mit dem Roller nach Anlong Veng ganz in den Norden hinauf. Die Menschen, die in Anlong Veng leben, haben 23 Jahre lang unter der Roten Khmer gelebt und viele sind selbst Rebellen gewesen. Kinder, die im Krieg in diesem Gebiet geboren wurden, wurden oft zu Kindersoldaten, sobald sie alt genug waren. Alternativen? Flucht durch die Minenfelder! Lukas und ich checken in einem schönen, ruhigen Guesthouse mit „Seeblick“ ein und erkunden die Stadt. Viele Leute tragen Militärkleidung und manche Männer schauen uns schon fast bösartig nach. Ihre steinharten Gesichter verfolgen mich noch auf dem Weg zu Haus von Ta Mok. Ta Mok war einer der obersten Führer der Roten Khmer und sein ehemaliges Haus kann heute besichtigt werden. Die Überreste einer mobilen Radiostation von Pol Pot waren für Lukas und mich der Anlass für eine ausgedehnte Fotosession. Erst nachträglich fanden wir heraus womit wir uns da vergnügt haben. Das Grab von Pol Pot ist auf einem Berg nahe der Grenze zu Thailand. Im strömenden Regen kommen wir am Grenzposten zu Thailand an und besuchen sein Grab. Der ältere Herr, der in einer kleinen, schäbigen Holz-Hütte das Eintrittsgeld verlangt, hat seinen überaus furchteinflössenden Blick auf uns gerichtet. Er reagiert nicht auf meine Fragen und hält dann plötzlich zwei Finger hoch. Wir geben ihm je zwei Dollar und dürfen dann zum Grab eines Genozid-Verantwortlichen laufen. Es ist trostlos und unspektakulär. Keine Menschenseele da und der strömende Regen hilft der tristen Stimmung ihren letzten Schliff zu geben. Das wirklich unheimliche an der ganzen Sache war der alte Mann mit dem beinahe wahnsinnigen Blick, der das Geld einkassierte.

Am nächsten Tag besuchten wir noch die zwei Märkte von Anlong Veng und fuhren am Mittag wieder zurück. Wir haben keinen einzigen Touristen gesehen während den zwei Tagen. Deshalb waren wir wohl für viele Einwohner von Anlong Veng eine unerwartete, kleine Sensation gewesen. Die Menschen starrten uns nach und abgesehen von einigen düsteren Gesellen waren die Leute überall wo wir hinkamen überaus freundlich zu uns.

Bis vor einigen Jahren war der 80 km lang weg den wir abfuhren noch dichter Jungel. Heute ist es mehr eine Savanne. Auf dem Weg sehen wir unzählige Holztransporte und Schreinereien, die sich auf Möbel mit Tropenholz spezialisiert haben. Und wir befinden uns in mitten eines geschützten Nationalparks! 33 Jahre lang einen korrupten Tyrannen an der Macht zu haben wie Hun Sen geht nicht spurlos an einem Land vorbei.

Daniel

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